Mengeringhäuser Heimatspiel soll aus 100-jährigem Schlaf erwachen – Ensemble-Mitglieder gesucht

„Es war einmal…“ – so beginnen viele Märchen. „Es war einmal…“ – so könnte auch diese Theatergeschichte beginnen, doch bevor wir den märchenhaften Erzählfaden aufnehmen, blicken wir in die interessante Mengeringhäuser und Waldecker Heimatgeschichte.

Im Waldecker Land werden in vielen Städten und Ortschaften Freischießen oder Schützenfeste gefeiert. Und viele Dörfer und Städte haben „ihr Festspiel“ bzw. „ihr Heimatspiel“. Es ist eine alte Tradition, Sagen und Legenden aus der Ortsgeschichte auf die Theaterbühne zu zaubern und somit lebendig werden zu lassen. Heimatfestspiele sind eine ganz eigene Theaterwelt, die ihresgleichen vergebens in den anderen Theaterwelten sucht! Heimatstücke leben, wie alle Theaterstücke, in ihren Inszenierungskonzepten von stetigem Wandel und Neuerungen. Dennoch lohnt es sich, manchmal in der heimatlichen Schatzkiste zu suchen und fast Vergessenes wieder zu finden.

Und wie es der Zufall will: Es war einmal… Im Frühjahr 2005 überreichte Klaus Biegel, Sohn des Spielleiters des Dramatischen Vereins, dem damaligen künstlerischen Leiter des STATT-Theaters, Andreas Müller, die Original-Protokollbücher des Dramatischen Vereins der Jahre 1922 bis 1935. Die Protokolle im Sommer 1925 berichten über die Probenarbeit und die Aufführungen des Heimatspieles „Marie, Marie, du sollst den Kasper frien“. Dieses Heimatspiel wurde vom Mengeringhäuser Geh. San. Rat Dr. Ohlendorf geschrieben. In den 1920er Jahren, genauer 1923, war das Mengeringhäuser Freischießen ausgefallen. Bis zum Freischießen 1930 waren es noch fünf Jahre und sicher hatte Dr. Ohlendorf, wie viele andere Honoratioren der Stadt auch, das Bestreben, den Freischießensgeist wachzuhalten oder gar neu zu entfachen.

Der „Dramatische Verein“, Vorgänger des STATT-Theater Mengeringhausen

Es war einmal… der „Dramatische Verein“ Mengeringhausen. Über einen längeren Zeitraum füllten die Schauspieler*innen mit vielen Theaterstücken die Säle und begeisterten das Publikum. Am 1. Mai 1922 wurde der Verein mit der Aufgabe, das Volks- und Heimatspiel zu pflegen, gegründet. Bereits am 8. Oktober 1922 wurde als erstes Schauspiel „Alt-Heidelberg“ von W. Meyer-Förster mit gutem Erfolg aufgeführt. Zu dieser Zeit zählte der Verein bereits 30 Mitglieder. Die Tätigkeit des Vereins wurde im Laufe der Zeit so rege, dass jährlich mehrere Stücke inszeniert und sogar in den benachbarten Dörfern aufgeführt wurden. Später wurden noch Unterhaltungsabende eingeführt, die sich zu Volksbildungsabenden entwickelten. Dort wurden Vorträge – zum Teil mit Lichtbildern und Filmen – über Kunst und Literatur angeboten, die von der Bevölkerung gern angenommen wurden. Auf Grund dieser Tätigkeit wurde der Verein mit der besonderen Unterstützung des damaligen Bürgermeisters Dr. Zimmermann als gemeinnützig anerkannt. Bis 1935 wurden insgesamt 111 Aufführungen auf die Bühne gebracht. Der Spielplan des Dramatischen Vereins umfasste ein vielseitiges Repertoire aus unterschiedlichen Genren der Theaterwelten; so wurden verschiedene Schwänke (Raub der Sabinerinnen, Charlys Tante, Kyritz-Pyritz, Pension Schöller, Der keusche Lebemann u.a.), Lustspiele (Im Weißen Rössl, Diener zweier Herren u.a.), Operetten, Singspiele, Volksstücke, Schauspiele oder aber auch Mengeringhäuser Heimatstücke zur Aufführung gebracht. 1935 wurde der Verein aufgelöst und in die NS-Kulturgemeinde übergeben. Der „Dramatische Verein“ ist sozusagen der Vorgängerverein des STATT-Theater Mengeringhausen.

Ist es nicht verwunderlich wie sich die Situation vor 100 Jahren und unserer gegenwärtigen Zeit ähneln?

Dr. Ohlendorf schrieb, wie sich aus den Protokollen lesen lässt, mit schneller Feder ein Mengeringhäuser Heimatspiel mit einem Freischießens-Hintergrund. Die Premiere war Ende Juli 1925 auf der Städtischen Freilichtbühne an der Ölmühle. Anfang Juni waren die Textbücher erst fertig und es wurde im Sommer 1925 fleißig geprobt.

Es war einmal… das Mengeringhäuser Freischießen 2024. Der ehemalige künstlerische Leiter des STATT-Theaters, Br. Benedikt (Andreas) Müller OSB besuchte seine Heimatstadt zum Heimatfest. Zurück im Kloster, fiel ihm die Geschichte aus dem Jahr 2005 rund um die Protokollbücher und Dr. Ohlendorfs Heimatspiel ein. Da war doch was vor 100 Jahren?! Genau: Ohlendorfs Heimatspiel! Tatsächlich: Das Stück wurde 1925 uraufgeführt. Jutta Bandow, Andreas und Erich Müller – das erste Regieteam des STATT-Theaters, schauten sich diesen Theaterschatz der Stadtgeschichte an und schnell war die Idee geboren: das Heimatspiel von Dr. Ohlendorf nach einem 100-jährigen Schlaf wieder zu erwecken. Das Stück wird derzeit, vor allem im Blick auf die Frauenrollen, bearbeitet. Und besonders muss der Mengeringhäuser Dialekt, in dem fast das ganze Stück 1925 gesprochen wurde, der heutigen Zeit angepasst werden.

STATT-Theater sucht Ensemble-Mitglieder für Wiederauflage

Im Juli/August 2025 soll das Heimatspiel „Marie, Marie du sollst den Kasper frien“ am Weißen Stein in einer Freilichtaufführung nach 100 Jahren wieder aufgeführt werden. Aus diesem Grund suchen das STATT-Theater und das Regieteam interessierte Schauspieler*innen aus den Reihen der Bühne, aber sehr gerne auch interessierte Mengeringhäuser Bürger*innen im Alter ab 12 Jahren, die das letzte Freischießen noch in guter Erinnerung haben und zwischen den Freischießen Freude daran haben, ein Stück über das große Heimatfest des Waldecker Landes nach 100 Jahren wieder aufleben zulassen. Besondere Herausforderung wird es sein, die Männerrollen und hier vor allem die Gruppe der Burschen zu besetzen, darum wäre es schön, wenn sich auch Schützenbrüder aus den Freischießensgruppen zum Mitspielen melden würden. Das Regieteam freut sich sehr über jeden Bewerber*in und auf eine sicherlich spannende Probenarbeit zu einem Stück Mengeringhäuser Geschichte, die auch eine gute Gelegenheit ist, zwischen den Freischießen im Theaterspiel zu bleiben.

Zum Inhalt des Stückes: Mengeringhausen im Sommer des Jahres 1695. Damals regierte Graf Christian Ludwig in Waldeck. Der Graf war ein leidenschaftlicher Jäger. Der Mengeringhäuser Heinrich Böttcher ist auf Frederinghausen beim Grafen als Forstläufer angestellt. Böttchers Henner, ein junger Mann mit dem Herz auf dem rechten Fleck, ist in der Burschenschaft der Stadt sehr beliebt. Kein Wunder, denn schließlich war er beim letzten Freischießen ihr Fähnrich. Henner ist in Marie, die Tochter des etwas verschrobenen Bäcker Lürken verliebt. Und Marie natürlich in Henner. Aber Vater Lürken hat da so seine eigenen Pläne und will seine Tochter mit Kasper Lot, dem Sohn des Bürgermeisters verheiraten. Er hat aber die Rechnung nicht mit seiner Tochter gemacht. Für Vierings Hans, einen Burschen, ist diese Situation eine gute Gelegenheit sich in seinem Talent des Dichtens auszuprobieren. Er dichtet einfach den Text des Burschenliedes „Hurra, Hurra, die Burschenschaft ist da“ in „Marie, Marie, du sollst den Kasper frien“ um. Aber Marie will nit! Mit Hilfe eines kuriosen Jagddiebstahls im gräflichen Wald hat Henner die Gelegenheit den alten Bäckermeister an die Kandare zu nehmen und vor das gräfliche Gericht zu stellen. Ob der Graf als oberster Richter des Bäckermeisters Herz für die Liebe seiner Tochter zum jungen Forstläufer Henner erweichen kann? Oder muss er die harten Eisen des Gerichts zum Glühen bringen?

„Marie, Marie, du sollst den Kasper frien“ ist ein Heimatspiel rund um das alte Mengeringhäuser Freischießenslied. Dr. Ohlendorf zeichnet in dem kurzweiligen Stück Menschen auf, die in ihrer Typenhaftigkiet einen richtigen Mengeringhäuser Charakter haben, der sich noch heute in der Stadt bei dem ein oder anderem einstweilen finden lässt. Ein fröhliches Freilichtspiel, das den Sommerabend zum Theatererlebnis werden lässt.

Neben den bereits vorgestellten Personen gibt es in diesem Stück noch weitere interessante Rollen (die Gräfin, die Frau des Bürgermeisters und deren Tochter, die Bäckerin oder Schöffen beim Freigericht), die beim ersten Treffen genauer vorgestellt werden.

Interessierte Spieler können sich unter den angegebenen Adressen (Br. Benedikt: / Jutta Bandow: ) beim Regie-Team bis zum 31. Januar 2025 melden.

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