Mengeringhäuser Heimatspiel erwacht aus dem 100-järhigen Schlaf
Stückinhalt:
Mengeringhausen im Sommer des Jahres 1695. Damals regierte Graf Christian Ludwig in Waldeck. Der Graf war ein leidenschaftlicher Jäger. Der Mengeringhäuser Heinrich Böttcher ist auf Frederinghäuser beim Grafen als Forstläufer angestellt. Böttchers Henner, ein junger Mann, mit dem rechten Fleck auf den Herzen, der Burschenschaft der Stadt sehr beliebt ist. Kein Wunder, denn schließlich war er beim letzten Freischießen ihr Fähnrich. Henner ist in Marie, die Tochter des etwas verschrobenen Bäcker Lürken verleibt. Und Marie natürlich in Henner. Aber Vater Lürken hat da so seine eigenen Pläne und will seine Tochter mit Kasper Loy, dem Sohn des Bürgermeisters verheiraten. Er hat aber nicht die Rechnung mit seiner Tochter gemacht. Für Vierings Hans, einen Burschen, ist diese Situation eine gute Gelegenheit sich in seinem Talent des Dichtens auszuprobieren. Er dichtet einfach den Text des Burschenliedes „Hurra, Hurra, die Burschenschaft ist da“ in „Marie, Marie, du sott den Kasper frien“ um. Aber Marie will nit! Mit Hilfe eines kuriosen Jagddiebstahls im gräflichen Wald hat Henner die Gelegenheit dem alten Bäckermeister an die Kandare zu nehmen und vor das gräfliche Gericht zu stellen. Ob der Graf als oberster Richter des Bäckermeister Herz für die Liebe seiner Tochter zum jungen Firstläufer Henner erweichen kann? Oder muss er die harten Eisen des Gerichts zum Glühen bringen? „Marie, Marie, du sott den Kasper frien“ ist ein Heimatspiel rund um das alte Mengeringhäuser Freischießen Lied. Dr. Ohlendorf zeichnet in dem kurzweiligen Stück Menschen auf, die in ihrer Typenhaftigkiet einen richtigen Mengeringhäuser Charakter haben, der sich noch heute in der Stadt bei dem ein oder anderem einstweilen finden lässt. Ein fröhliches Freilichtspiel und ein besonderes Sommertheatererlebnis in der Fachwerkstadt.
Kommende Spieltermine:
Spieltermine |
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Fr., 15.08.2025 19:00 - 20:30 Uhr |
So., 17.08.2025 18:00 - 19:30 Uhr |
So., 24.08.2025 15:00 - 16:30 Uhr |
Do., 28.08.2025 19:00 - 20:30 Uhr |
Weitere Infos auf einem Blick:
- Regie: Jutta Bandow, Erich Müller & Br. Benedikt (Andreas) Müller OSB
- Eintritt frei: um eine Spende wird gebeten
- Kirchplatz Mengeringhausen, Marktpl., 34454 Bad Arolsen – Mengeringhausen
- Noch Fragen? kontaktieren Sie uns gerne!
Zum Hintergrund:
Es war einmal, so beginnen viele Märchen. Es war einmal, so könnte auch diese Theatergeschichte beginnen, doch bevor wir den märchenhaften Erzählfaden aufnehmen, blicken wir in die interessante Mengeringhäuser und Waldecker Heimatgeschichte.
Es war einmal im Waldecker Land, da werden in vielen Städten und Ortschaften Freischießen oder Schützenfest gefeiert. Und viele Dörfer und Städte haben „ihr Festspiel“ bzw. „ihr Heimatspiel“. Es ist eine alte Tradition, Sagen und Legenden aus der Ortsgeschichte auf die Theaterbühne zu zaubern und somit lebendig werden zu lassen. Heimatfestspiele sind eine ganz eigene Theaterwelt, die ihresgleichen vergebens in den anderen Theaterwelten sucht! Heimatstücke leben, wie alle Theaterstücke, in ihren Inszenierungskonzepten von stetigem Wandel und Neuerungen. Rückschritte oder zu schnelle Vorausschritte sind ebenso schädlich. Dennoch lohnt es sich manchmal in der heimatlichen Schatzkiste zu suchen und fast vergessen wieder zu finden.
Es war einmal der Dramatische Verein Mengeringhausen. Über einen längeren Zeitraum füllten die Schauspieler*innen mit vielen Theaterstücken die Säle und begeisterte das Publikum. Am 1. Mai 1922 wurde der Verein mit der Aufgabe, das Volks- und Heimatspiel zu pflegen gegründet. Bereits am 8. Oktober 1922 wurde als erstes Schauspiel „Alt-Heidelberg“ von W. Meyer-Förster mit gutem Erfolg aufgeführt. Zu dieser Zeit zählte der Verein bereits 30 Mitglieder. Die Tätigkeit des Vereins wurde im Laufe der Zeit so rege, dass jährlich mehrere Stücke inszeniert und sogar auf den benachbarten Dörfern aufgeführt wurden. Später wurden noch Unterhaltungsabende eingeführt, die sich zu Volksbildungsabenden entwickelten. Dort wurden Vorträge – zum Teil mit Lichtbildern und Filmen – über Kunst und Literatur angeboten, die von der Bevölkerung gern angenommen wurden. Auf Grund dieser Tätigkeit wurde der Verein mit der besonderen Unterstützung des damaligen Bürgermeisters Dr. Zimmermann als gemeinnützig anerkannt. Bis 1935 wurden insgesamt 111 Aufführungen auf die Bühne gebracht. Der Spielplan des Dramatischen Vereins umfasste ein vielseitiges Repertoire aus unterschiedlichen Genren der Theaterwelten; so wurden die verscheiden Schwänke (Raub der Sabinerinnen, Charlys Tante, Kyritz-Pyritz, Pension Schöller, Der keusche Lebemann u.a.); Lustspiele (Im Weißen Rössl, Diener zweier Herren u.a.) Operetten, Singspiele, Volksstücke, Schauspiele oder aber auch Mengeringhäuser Heimatstücke zur Aufführung gebracht und man spielte nicht in Mengeringhausen, sondern gab auch Gastspiele. 1935 wurde der Verein aufgelöst und in die NS-Kulturgemeinde übergeben. Der Dramatische Verein ist sozusagen der Vorgängerverein des STATT-Theaters Mengeringhausen.
Und wie es der Zufall will, es war einmal, im Frühjahr 2005, da überreichte Klaus Biegel, Sohn des Spielleiters des Dramatischen Vereins, dem damalige künstlerischen Leiter des STATT-Theaters Andreas Müller die Original-Protokollbücher des Dramatischen Vereins der Jahre 1922 bis 1935. Die Protokolle im Sommer 1925 berichten über die Probenarbeit und die Aufführungen des Heimspieles „Marie, Marie, du sott den Kasper frien“. Dieses Heimatspiel wurde vom Mengeringhäuser Geh. San. Rat Dr. Ohlendorf geschrieben. In den 1920er Jahren, genauer 1923, war das Mengeringhäuser Freischießen ausgefallen. Bis zum Freischießen 1930 waren es noch fünf Jahre und sicher hatte Dr. Ohlendorf, wie viele andere Honoratioren der Stadt auch, das Bestreben den Freischießens Geist wachzuhalten oder gar neu zu entfachen. Ist es nicht verwunderlich wie sich die Situation vor 100 Jahren und unserer gegenwärtigen Zeit ähneln? Dr. Ohlendorf schrieb, wie sich aus den Protokollen lesen lässt, mit schneller Feder ein Mengeringhäuser Heimatspiel mit einem Freischießens-Hintergrund. Die Premiere war Ende Juli 1925 auf der Städtischen Freilichtbühne an der Öelmühle. Anfang Juni waren die Textbücher erst fertig und es wurde im Sommer 1925 fleißig geprobt.
Es war einmal das Mengeringhäuser Freischießen 2024. Der ehemalige künstlerische Leiter des STATT-Theaters, Br. Benedikt (Andreas) Müller OSB besuchte seine Heimatstadt zum Heimatfest. Zurück im Kloster fiel ihm die Geschichte aus dem Jahr 2005 rund um die Protokollbücher und Dr. Ohlendorfs Heimatspiel ein. Da war doch was vor 100 Jahren?! Genau: Ohlendorfs Heimatspiel! Tatsächlich: Das Stück wurde 1925 uraufgeführt. Jutta Bandow, Andreas und Erich Müller – das erste Regieteam des STATT-Theaters, schaute sich diesen Theaterschatz der Stadtgeschichte an und schnell war die Idee geboren: Das Heimatspiel von Dr. Ohlendorf nach einem 100-jährigen Schlaf wieder zu erwecken. Das Stück wurde, vor allem im Blick auf die Frauenrollen bearbeitet. Und besonders musste der Mengeringhäuser Dialekt, in dem fast das ganze Stück 1925 gesprochen wurde, der heutigen Zeit angepasst werden.